Im 4. und letzten Teil der Mini-Reihe „Toxische Chefs“ wenden wir uns dem Perfektionisten zu.

 

Willkommen in der Welt des Perfektionisten:

Deine Unterlage enthält alles, was es für die Entscheidungsfindung braucht. Aber dein Chef findet noch den letzten Rechtschreibfehler und hängt sich am Layout auf.

Deine Chefin sitzt oft bis spät in die Nacht, weil auch das Back-up perfekt aussehen muss. Du hast schon ein schlechtes Gewissen, weil du Seite 132 für nicht so relevant hältst.

Egal wie sehr du dich anstrengst, du kannst es deinem Chef einfach nicht recht machen. Es gibt immer noch eine Kleinigkeit, die besser gehen kann.

Allmählich verzweifelst du am überzogenen Anspruch deiner Chefin. Du hast schon keine Lust mehr, die Extrameile zu gehen, weil dein Chef die Sache selbst in die Hand nimmt, weil er meint, dass er es noch besser kann. Im schlimmsten Fall schaltest du auf 9-to-5-Modus um.

 

Hier kommt dein Kompass für den Perfektionisten

Der Perfektionist strebt nach dem, was es nicht gibt: Perfektion. Jedenfalls das, was er dafür hält.

Er hat extrem hohe Ansprüche an sich selbst. Kontrolliert alles und jeden, damit das Ergebnis perfekt ist. Verrennt sich verbissen in Details. Bessert bis spät in die Nacht noch die letzten 2% aus.

Oft kann er extrem schlecht delegieren, weil er meint, dass das Team nicht so gut ist wie er. Also macht er vieles selbst und macht Überstunden ohne Ende.

 

Der Perfektionist meidet Fehler wie der Teufel das Weihwasser

Er setzt sich extrem hohe Standards, weil er glaubt, dass sein Selbstwertgefühl und Erfolg von der Erreichung dieser Standards abhängen.

Er hat Angst, dass Fehler oder ein weniger als perfektes Ergebnis seine Fähigkeiten in Frage stellt oder sein Ansehen beschädigen.

Er befürchtet, dass sein Team nicht seine hohen Standards erreicht und dass die Verantwortung letztendlich auf ihn zurückfällt, wenn etwas schiefgeht.

 

Der Perfektionist spürt einen übermäßigen Drang nach Selbständigkeit

Frühere Erfahrungen lehrten ihn, dass Fehler extrem negative Konsequenzen für ihn haben können. Misserfolge in Projekten fielen auf ihn zurück und er achtet nun mit Argusaugen darauf, dass sich diese Schmach nicht wiederholt. Er vertraute seinem Team, wurde aber enttäuscht. Seitdem macht er alles selbst.

 

Er will auf keinen Fall mehr Fehler machen

Deshalb überprüft er alles bis in die letzte Kommastelle.
Deshalb sichert er sich und die Inhalte in übertriebenem Maße ab.
Deshalb kontrolliert er sein Team ganz engmaschig.

 

Was für ein Stress!

Spürst du die innere Jagd nach den letzten 2%? Nimmst du wahr, wie anstrengend dieses Streben nach Perfektion in jeder Lebenslage ist?

Nichts ist genug. Niemand kann einem das Wasser reichen.

 

Fest im Griff der eigenen überzogenen Ansprüche

Der Perfektionist will keinerlei Angriffsfläche bieten.
Er will über alles die Kontrolle behalten.
Er traut nur sich und niemand anderen.

 

Mit meiner bewährten Methode „ARAS“ aus der Perfektionisten-Falle

Awareness – Im Coaching arbeite ich mit meinen Perfektionisten-Klienten zunächst an ihrer Awareness für ihr Denken und Handeln. Er erkennt, dass sein Perfektionismus ihn oft von seinem Team isoliert, weil sich seine überzogenen Anforderungen negativ auf die Motivation, das Wohlbefinden und die Leistung seines Teams auswirken.

Reflection – Mit der Reflexion kann er einordnen, welche Befürchtungen oder Ängste ihn im Griff haben, und ihn zwingen, alles perfekt machen zu müssen. Der perfektionistische Trigger wird meist aktiviert, wenn er sich von einer Aufgabe oder einem sich verändernden Umfeld überfordert fühlt.

Mit passenden Achtsamkeitsübungen, verbessert sich der Zugang zu seinen Gefühlen und er sieht sie als Quelle für wichtige Informationen über Motive, Hindernisse und Chancen für seine Entscheidungsfindung.

Action – Wir finden einen Anker, der ihm zeigt, wann die Überforderung einsetzt und seinen Perfektionismus auslöst. Meist kann er dies an kleinen körperlichen Reaktionen festmachen, wie z. B. beginnende verspannte Schultern.

Immer, wenn er diesen Anker wahrnimmt, kann er innehalten und sich fragen: Ist das, was ich jetzt an extra Anstrengung unternehmen möchte, die richtige Vorgehensweise oder ist das Ergebnis bereits gut?

Sustainability – Dem Perfektionisten helfen Übungen seinen Mindset auf Wachstum, statt Perfektion auszurichten. Diese positiven Affirmationen muss er sich täglich bewusst machen, um sein Selbstvertrauen auszubauen. Als Folge, kann er auch immer mehr Vertrauen zum Team fassen und schrittweise Verantwortung ans Team abgeben, um ein effektives und vertrauensvolles Arbeitsumfeld zu schaffen.

 

Perfektionisten wollen auch entspannen

Falls du mit einem Perfektionisten arbeitest, denke immer daran, dass er auch lieber entspannt wäre, als dauernd nach dem Unerreichbaren zu streben – wie du und ich.

Meine Erklärungen helfen dir, ihn und sein Verhalten besser einzuordnen und empathischer zu reagieren. Da er Fehler hasst, sprich mit ihm lösungsorientiert, wenn sie doch mal passieren. Zeig ihm, dass du nicht nach Schuldigen, sondern nach Verbesserungen suchst.

Gib ihm die Sicherheit, dass du dich um alle Details kümmerst, wenn er dir eine Aufgabe delegiert. Spiegel ihm humorvoll und empathisch seinen Hang zum Perfektionismus, wenn er sich im Feedback mal wieder festbeißt.

Wie gehst du mit einem Perfektionisten um?

Hier kannst du nochmal den Kompass für den toxischen Chef  Mikromanager, Hyper-Achiever und Hyper-Rationaler nachlesen.

Danke, dass du die Vierer-Serie „Toxische Chefs“ so interessiert gelesen hast. 💝 Mir hat es viel Spaß gemacht, mein Wissen aus 23 Jahren Coaching mit dir zu teilen.