Nach zahlreichen Rückmeldungen meiner LeserInnen auf den letzten Newsletter – wofür ich mich herzlich bedanke – setze ich die Vierer-Reihe „Toxische Chefs“ heute mit dem „Hyper-Achiever“ fort.

 

Kennst du die Welt des Hyper-Achievers?

Du stellst dein Ergebnis deinem Chef vor und bist stolz auf die umfassende Recherche und neuen Ableitungen. Aber dein Chef beginnt sofort damit, das Ergebnis zu challengen.
Oder du bist mit deinem Chef in einem Meeting und sprichst über dein Thema. Er unterbricht dich und reißt das Gespräch an sich. Das Meeting entgleitet dir und du stehst am Spielfeldrand.
Du gehst frustriert aus dem Termin. Fühlst dich nicht gesehen und stellst deine Fähigkeiten in Frage.

 

Hier kommt dein Kompass für den Hyper-Achiever:

Mit dem Hyper-Achiever ist es ein bisschen tricky. Er hat nämlich zwei Seiten.

Die positiven Eigenschaften des Hyper-Achiever finden sich nämlich in vielen Managementbüchern als erstrebenswerter Zustand wieder:

  • Sie setzen sich hohe Ziele und sind in der Regel sehr motiviert, sie zu erreichen.
  • Sie fördern eine Kultur der Exzellenz und bringen ihre Teams dazu, hart zu arbeiten und sich auf die Ergebnisse zu konzentrieren.
  • Sie sind bei der Umsetzung von Projekten schnell und effektiv.

Ich habe diese Kultur in fast allen Beratungen gesehen.

Aber wir sehen auch die negativen Auswirkungen seines Verhaltens auf seine Teams:

Ein übermäßiger Fokus auf Ergebnisse führt oft dazu, dass sein Team überarbeitet und gestresst ist und ihre Perfomance leidet.

Ein Hyper-Achiever neigt leicht dazu, die Bedürfnisse und Meinungen seiner Mitarbeiter zu vernachlässigen und sie autokratisch zu führen.

Wenn der Hyper-Achiever sich zu sehr auf die Ergebnisse konzentriert, besteht sogar die Gefahr, dass er dafür über „Leichen“ geht.

Spürst du die kalte Atmosphäre, die sich langsam im Team einschleicht wie ein feuchter Nebel? Merkst du, wie der ständige Druck das Team unter Dauerstrom setzt? Keiner kann sich mehr über Ergebnisse freuen, weil sie nicht gewürdigt werden.

 

Der Hyper-Achiever erwartet, dass du mindestens so hart arbeitest wie er selbst.

Seine Toleranz gegenüber anderen Ansätzen, Arbeitsweisen oder emotionalen Bedürfnissen hält sich sehr in Grenzen. Am liebsten beschäftigt er sich mit Inhalten.

Er braucht diesen Fokus auf Ergebnissen, weil er daraus seine Selbstachtung und Selbstbestätigung zieht.

Ergebnisse bringen nämlich externe Bestätigung. Genau diese Aufmerksamkeit und Akzeptanz von anderen braucht er, um sich gut zu fühlen.

Er führt ein Leben auf der Überholspur, auf der ein Ergebnis nach dem anderen gejagt und als Trophäe ausgestellt wird. Wenn er nicht aufpasst, führt sein Verhalten zu unhaltbaren Workaholic-Tendenzen.

 

Der Hyper-Achiever hat Angst davor zu versagen und versucht, sich permanent selbst zu übertreffen.

Wer mag schon gerne auf dem letzten Platz landen? Keiner.
Wie vermeidet man ein Verlierer-Image? Indem man dauernd mit großartigen Ergebnisse auftrumpft.

Fühlst du auch den Stress? Die Anspannung, die diese Haltung auslöst? Das ständige Grübeln nach der besten Lösung oder dem nächsten Projekt, mit dem man glänzen könnte?

Was für eine Überforderung!

Der Hyper-Achiever will Anerkennung um jeden Preis. Er sieht überall neue Aufgaben und inhaltliche Herausforderungen, mit denen er oder seine Abteilung glänzen kann. So werden auch nice-to-have-Themen auf einmal wichtig. Er will seinem Umfeld beweisen, wie großartig er ist.

Deshalb kann es für ihn immer noch höher, schneller und besser gehen. Um jeden Preis!

 

Mit meiner bewährten Methode „ARAS“ aus der Hyper-Achiever-Falle

Awareness – Im Coaching arbeite ich mit meinen Hyper-Achiever-Klienten zunächst an ihrer Awareness für ihr Denken und Handeln. Auf die Fragen „Was willst du im Job und Leben erreichen? Was ist für dich ein erfülltes Leben?“ kommen fast immer nur sichtbare Ergebnisse und Statussymbole. Mein Haus, mein Pferd, mein Auto.

Reflection – Für die Reflexion nutze ich gerne das PERMA-Modell von Martin Seligman: Positive Emotions – Engagement – Relationships – Meaning – Achievements.
Mit dem PERMA-Modell wird schnell klar, dass der Hyperachiever seinen Fokus auf A wie Achievements legt. Die Reflexion über Meaning bringt dann den Durchbruch, denn ihm wird klar, dass er nicht sein Leben lang nach äußeren Erfolgen jagen kann, sondern seinem Leben und Job eine Bedeutung geben muss, um dauerhaft glücklich und erfolgreich zu sein.

Action – Erste Erleichterung tritt ein, wenn der Hyper-Achiever beginnt zu verstehen, dass Ergebnisse nur einen kleinen Teil seiner Zufriedenheit ausmachen. Im Job liegt der größere Teil in guten Beziehungen zum Team, Kollegen, Kunden und Vorgesetzten sowie sinnvollen Zielen und Tätigkeiten. Menschen wollen mit wertschätzenden Menschen arbeiten und nicht mit Content-Königen.
Ein großer Schritt für den Hyper-Achiever, denn er verlagert einen Teil seines Fokus nun auf die Pflege von Beziehungen und sucht sinnstiftende Aufgaben.

Sustainability – Er priorisiert bewusst Anfragen, neue Themen und Projekte und verteilt sie im Team. Er erkennt, dass es okay ist, wenn sein Team nicht so schnell ist wie er. Er nimmt sich in Meetings zurück und überlässt seinem Team die Bühne.
Er reflektiert regelmäßig seinen inneren Kompass und passt ihn an seine persönliche Entwicklung an.

 

Hyper-Achiever sind auch nur Menschen

Falls du es mit einem Hyper-Achiever zu tun hast, denke immer daran, dass er auch nur ein Mensch ist – so wie du und ich.

Meine Erklärungen helfen dir, ihn und sein Verhalten besser einzuordnen und gelassener zu reagieren. Da er Schwierigkeiten hat, sich auf die Beziehungsebene einzulassen, geh auf ihn zu. Frag ihn, wie es ihm geht und wie du ihm helfen kannst.

Sei interessiert an seinen Herausforderungen und arbeite mit ihm gemeinsam an den Ergebnissen. Lasse dich auf den Dialog ein und zeig ihm, dass es Themen gibt, die man auch weglassen kann, um mehr Zeit für die wichtigen Themen zu haben und diese wirklich großartig zu lösen.

Welche Tipps hast du für den Umgang mit Hyper-Achievern?

Im nächsten Newsletter liest du über den Kompass für toxische Chefs: der Hyper-Rationale.