Perfektionismus als Chef: Wie du aus der Falle aussteigst
Du bist Führungskraft und merkst, dass dein Perfektionismus dir und deinem Team im Weg steht?
Vielleicht erkennst du dich wieder: Du willst alles zu 150 % erledigen, jede Kleinigkeit prüfen, jede Abgabe noch perfekter machen. Aber genau dadurch entsteht Druck – für dich und für deine Mitarbeitenden.
In diesem Artikel begleite ich dich Schritt für Schritt dabei, wie du aus dieser Falle aussteigen kannst.
Warum dein Perfektionismus zum Problem wird
Dein Anspruch an Exzellenz ist eigentlich eine Stärke. Doch wenn du immer mehr siehst, was fehlt, statt was schon da ist, schaffst du ein Klima der Unsicherheit. Deine Mitarbeitenden fühlen sich oft, als wenn sie nicht gut genug sind und du selbst wirst nie zufrieden.
Das Ergebnis: Angst, Demotivation und Überlastung.
Vielleicht erkennst du diese Situationen:
Ein kleiner Fehler wird vertuscht, weil niemand Kritik riskieren will.
Dein Team liefert nur noch 80 %, weil es davon ausgeht, dass du sowieso alles korrigierst.
Du selbst investierst Stunden in die letzten 2 %, obwohl es den Mehrwert kaum steigert.
Wenn du ehrlich bist, macht dich das selbst unzufrieden. Dein Perfektionismus hat sich verselbständigt.
Was hinter deinem Perfektionismus steckt
Perfektionismus entsteht selten ohne Grund. Oft hast du in deiner Laufbahn erlebt, dass kleine Fehler große Konsequenzen hatten – schlechte Bewertungen, Kritik vor anderen oder verlorene Chancen.
Vielleicht erinnerst du dich daran, wie dein eigener Chef dich einmal im Meeting vor versammelter Mannschaft wegen einer Kleinigkeit kritisierte. Oder wie du mit einer Erklärung nicht durchdrangst, weil sie den anderen im Meeting nicht gefiel und du dich klein und übergangen gefühlt hast.
Dein Drang nach Perfektion ist ein Schutzschild gegen solche Erfahrungen. Doch dieses Schild hält dich gefangen:
Eingeengte Sichtweise: Weil du um jeden Preis Fehler vermeiden willst, siehst du Chancen nur noch durch die Brille von Risiken.
Zuwenig Risiko und Innovation: Du vermeidest Neues, weil es falsch ankommen könnte – dadurch bleibt dein Team in sicheren Routinen stecken.
Verlust gemeinsamer Lernchancen: Du glaubst, alles selbst am besten zu können, und nimmst dir und deinem Team die Möglichkeit, auf Augenhöhe zu lernen.
Du kontrollierst zu viel, delegierst zu wenig und vertraust selten. Dein Team fühlt sich klein und unselbständig – und du selbst bestätigst dich darin, dass du alles alleine machen musst.
Dein Ausweg: Der ARAS-Ansatz
Damit du deinen Perfektionismus loslässt, brauchst du Klarheit und neue Routinen. Mein Coaching-Modell ARAS begleitet dich dabei:
Awareness – Erkenne, wenn du in deine Falle tappst. Sobald du merkst, dass du wieder 150 % anstrebst, halte inne. Stoppe deinen Autopiloten und atme durch.
Reflection – Frage dich: Warum will ich hier unbedingt 150 %? Was bringt es mir wirklich? Meistens sind es alte Glaubenssätze, nicht der tatsächliche Nutzen der Aufgabe.
Action – Triff bewusst eine andere Entscheidung. Hole dir z. B. Feedback vom Team, statt selbst noch die letzten 2 % zu optimieren. Delegiere und übe Vertrauen.
Sustainability – Festige deine neuen Schritte. Plane Pausen ein, überprüfe deine Routinen und frage dich regelmäßig: Arbeite ich noch am echten Mehrwert – oder wieder an Details?
So veränderst du Stück für Stück deine Haltung. Es geht nicht darum, Exzellenz aufzugeben, sondern Perfektionismus loszulassen.
Was sich für dich und dein Team verändert
Wenn du lernst, loszulassen, hat das spürbare Effekte:
Dein Team wird mutiger, bringt eigene Ideen ein und übernimmt Verantwortung. Beispiel: In einem Meeting schlägt ein Mitarbeiter eine neue Vorgehensweise vor, ohne Angst, dass du alles zerpflückst. Er merkt, dass seine Idee gehört wird und wagt es, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Du wirst entlastet, weil du nicht mehr alles kontrollierst. Beispiel: Anstatt jede Folie einer Präsentation selbst zu überarbeiten, gibst du deinem Team rechtzeitig Feedback und überlässt die finale Gestaltung ihnen – dadurch sparst du Zeit und Energie.
Ihr alle arbeitet mit mehr Energie und weniger Angst. Beispiel: Dein Team traut sich, Fehler offen anzusprechen, weil es weiß, dass du sie als Lernchancen siehst. Die Atmosphäre wird entspannter und kreativer.
Dein Perfektionismus verliert die Macht – und du gewinnst an Souveränität.
Fünf Tipps für deinen Alltag
Damit dir die Veränderung leichter fällt, probiere diese Ansätze aus:
Zuverlässigkeit einfordern statt Kontrolle ausüben: Gib deinem Team klare Rahmen und vertraue darauf, dass es liefert. Beispiel: Lege von Anfang an klare Qualitätsstandards fest und überprüfe sie einmal gemeinsam, anstatt jeden Zwischenschritt zu kontrollieren.
Deine Stärken bewusstmachen: Wenn Selbstkritik dich überrollt, erinnere dich an deine Erfolge und Kompetenzen. Beispiel: Halte dir vor einem schwierigen Gespräch deine letzten erfolgreichen Projekte vor Augen, um mit mehr Selbstvertrauen aufzutreten.
Feedback einholen: Frage dein Team oder Kollegen frühzeitig nach Einschätzungen – statt alles im Stillen zu perfektionieren. Beispiel: Teile eine unfertige Präsentation bewusst schon in einem frühen Stadium, um Rückmeldungen zu bekommen und nicht stundenlang allein nachzuschleifen.
Grenzen setzen: Definiere, was „gut genug“ ist, und halte dich daran. Beispiel: Entscheide bewusst, eine Aufgabe nach 90 % Abschluss abzugeben, weil der Mehrwert der letzten 10 % den Aufwand nicht rechtfertigt.
Fortschritt würdigen: Sieh bewusst, was schon erreicht ist, statt nur auf das zu schauen, was fehlt. Beispiel: Starte Meetings mit einem kurzen Rückblick auf bereits erreichte Erfolge, bevor ihr über offene Punkte sprecht.
Fazit
Du kannst als Chef exzellente Arbeit leisten, ohne in Perfektionismus zu verfallen.
Es beginnt damit, dass du deine Muster erkennst, reflektierst und bewusst anders handelst.
Mit kleinen Schritten baust du Vertrauen auf – in dich selbst und in dein Team. So wirst du zu einer Führungskraft, die Qualität sichert, ohne Druck und Angst zu verbreiten.